Wieder brauchte ich gut sechs Minuten in der Wechselzone. Zum einen waren die Wege deutlich länger als in Frankfurt, zum anderen nahm ich mir die Zeit, mich nochmals komplett umzuziehen. Raus aus den nassen Radklamotten, rein in trockene und bequeme Laufsachen. Die in Frankfurt und Roth enorm wichtige Minute zum eincremen mit Sonnencreme konnte ich aber ruhigen Gewissens weglassen. Auch wenn es auf den letzten zehn Radkilometern zu regnen aufhörte.
Nun also noch laufen – vier Runden á 10,5km – eigentlich meine beste Disziplin. Und nach mittlerweile bald 7 1/2 Stunden hatte ich auch durchaus Lust dazu. Nur: ich kam so überhaupt nicht in Gang! Es war extrem schwer, sogar schwerer als in Frankfurt, wo ich mich ja zumindest noch auf der ersten Runde ganz gut gefühlt hatte. Mit Roth konnte ich es eh nicht vergleichen, weil ich da ja quasi durch den Marathon flog. Hier nun aber: dicke Beine, schwere Atmung, Puls bei 140, obwohl ich mich fühlte, als würde ich so gar nicht von der Stelle kommen. Die ersten zwei, drei Kilometer war mein Schnitt dann aber doch erstaunlicherweiseunter sechs Minuten, bei 5:30 etwa. Aber mir war klar, dass ich so niemals ankommen würde.
Also mit Gewalt versuchen, noch langsamer zu laufen und den Puls auf zumindest 135 runterkriegen. Das gelang auch irgendwie und ich pendelte mich bei 5:40 ein. Immerhin. Es war nach wie vor verdammt schwer, aber irgendwie musste es ja weitergehen. Bei 3km rief mir Michael fragend aus dem Publikum zu, ob es mir gut ginge – ich verneinte vehement. Zehn Kilometer weiter die erneute Frage: „Geht’sjetzt besser?“ Wiederum musste ich mit dem Kopf schütteln und entschieden „Nö, gar nicht!“ zurück rufen. Hinterher erfuhr ich, dass ich damit wohl für großes Gelächter sorgte, ich selber habe das gar nicht mitbekommen. Und bis Kilometer 15 war es in der Tat auch eine extrem zähe Angelegenheit! Und das trotz super und unerwarteter Unterstützung: Michael und Silvia standen immerirgendwo am Anfang der Runde, Sonja meist sogar gleich zwei mal irgendwo zwischen 3km und 8km. Unerwarteterweise stand bei 2,5km auch noch meine Schwester nebst (Teil-)familie, zumindest auf den ersten beiden Runden.
Ich habe keine Ahnung, was dann passierte, aber als es zum zweiten Mal aus der Innenstadt rausging in Richtung See, hatte sich dann doch mal der Schalter umgelegt und es fühlte sich nach Laufen an. Yeah! Ich wurde, ohne dass ich bewusst etwas dafür tat, auch gleich wieder 10-20 Sekunden schneller pro Kilometer. So oder so war die Zielzeit sub11 definitiv nicht mehr erreichbar (dafür hätte ich 3:38 laufen müssen), aber so machte es wenigstens mal wieder Spaß!
Dummerweise hielt dieser Spaß aber auch nur für vier Kilometer oder so an. Bei einer Verpflegung in etwa zum Halbmarathon muss ich irgendwas falsches gegessen/getrunken bzw. dieses nicht richtig vertragen haben. Jedenfalls bekam ich leichte Magenkrämpfe und auch kreislaufmäßig hatte ich den Eindruck, nicht ganz auf der Höhe zu sein. Also schon wieder rausnehmen und schauen was ging. Ich lief dann die beiden lansgamsten Kilometer des gesamten Laufs, interessanterweise aber mit exakt sechs Minuten jetzt auch wiederum nicht so, als dass ich mir ernsthaft Sorgen machen musste. Ein paar Kilometer brauchte ich, um mich wieder aufzurappeln und das vorher eingeschlagene Tempo von 5:40, mal 5:5o, wieder gehen zu können. Der Spaß wie zwischen 16 und 20 kam zwar nicht zurück, aber ganz so schwer wie auf den ersten 15 oder gar Anfang 20 war es dann auch nicht mehr.
Übrigens holte mich bei etwa 17km die erste Frau ein, die auf ihrer Schlussrunde war. Interessanterweise war sie gar nicht so exorbitant viel schneller, wie ich es erwartet hatte. (Allerdings war ich da ja gerade auch in meiner „guten“ Phase…) Sie blieb die einzige Pro-Athletin, der ich begegnete. Von den Männern habe ich gar nix gesehen, weder auf dem Rad noch auf der Laufstrecke. Der erste Mann kam ins Ziel, kurz nachdem ich meine erste Laufrunde verlassen hatte. Und Andi Raelert, den ich ja eigentlich schlagen wollte, hat seine Ankündigung, im Mittelfeld ankommen zu wollen, auch nur bedingt wahr gemacht. Als Dritter aus dem Wasser und auf dem Rad in rund fünf Stunden wechselte er als Gesamt-42. auf die Laufstrecke. Hier hat er sich dann zwar wirklich Zeit gelassen, kam nach 4:17 für den Marathon aber immer noch exakt eine Stunde vor mir ins Ziel. Wie den ersten Mann habe ich ihn nur sehr knapp verpasst: er ist wohl unmittelbar vor mir in den Zielkanal abgebogen, als ich in die vierte Laufrunde ging.
Diese sollte ich dann auch noch packen. Bisher waren meine Rundezeiten viel versprechend, dass ich zumindest wie in Roth beim Marathon unter vier Stunden bleiben könnte – sofern denn nichts gravierendes mehr passieren sollte. Meine Rundenzeiten waren für einen Ironman schon fast beängstigend konstant: Die erste (rund drei Minuten kürzere Runde) in 53:35, die zweite 56:54 und die dritte in 58:53. Für eine langgezogene Endbeschleunigung reichte es zwar nicht mehr, aber mit 59:16 war ich immernoch sehr konstant und auf den letzten 1 1/2 Kilometern konnte ich das auch nicht mehr verspielen. 3:48:48 war meine Splitzeit für den gesamten Marathon, der sich allerdings fast nie so anfühlte, als sollte das eine Zeit unter vier Stunden sein. Erstaunlich.
Einen Kilometer vor dem Ziel verabschiedete ich mich von Silvia und Michael, kurz danach ging es dann auch für mich in den engen, gut gefüllten Zielkanal. Die Stimmung war wie schon auf der gesamten Laufstrecke prächtig und ich musste auch nicht lange suchen, um Sonja auf der Pressetribüne hinter der Ziellinie zu erblicken. Geschafft – mein bereits drittes Finish auf der Langdistanz. Wer hätte das vor drei Jahren gedacht. Aber dieses hier war schon ziemlich hart…
11:21:01 war die offizielle Zeit, mit der in in der Ergebnisliste stehe. 21:02 Minuten langsamer als erhofft (und damit auch 103 Sekunden langsamer als in Roth) und ohne den Hauch einer Chance gegen Andi Raelert, aber ich bin halt das Risiko von Beginn an eingegangen, möglicherweise zu überzocken. Anders hätte ich vermutlich die elf Stunden auch nicht erreichen können. Letztlich ist ein Ironman aber ja eh kaum auf die Minute planbar und 20 Minuten Differenz sind auch in Anbetracht des Wetters und der nicht ganz einfachen Strecke jetzt auch nicht soo arg viel. Zunächst war ich aber nicht ganz sicher, ob ich zufrieden sein sollte oder nicht. Mittlerweile hat sich das aber gelegt. 🙂
Nach Dusche, Massage, Verpflegung und vor allem Aufwärmen im Zelt sind Sonja und ich dann noch tradtionell zu Beginn der Dämmerung auf die Tribüne zur „Finishline-Party“. Wie in Frankfurt und in Roth werden die letzten Finisher nochmals ganz besonders gefeiert und ins Ziel getragen. Um diese ganz besondere Athmosphäre zu genießen, kann ich nur jedem empfehlen, mal mit dem Gedanken an eine Langdistanz zu spielen. DAS werdet ihr niemals vergessen! 🙂 Sehr schade war allerdings, dass die Auflagen es verlangten, dass um 22 Uhr die Musik abgedreht wurde. Gefeiert wurde natürlich trotzdem bis zum Zielschluss um 23 Uhr. Ob das für die Anwohner leiser war, sei mal dahingestellt. Die Abschlusslasershow ohne Musik war allerdings eher seltsam. Aber dafür kann man den Veranstaltern ja keinen Vorwurf machen…
Eine kleine Negativanmerkung dennoch zum Schluss: Die Zielverpflegung fand ich relativ dürftig, kein Vergleich mit Frankfurt und Roth! Ansonsten war es von der Organisation und vom Umfeld ein wirklich guter Wettkampf, der den Ironmanstatus sicher zurecht trägt. Dass sich auf die Radstrecke nicht viele Zuschauer verirrten, war ob des Wetters nicht verwunderlich. Einen Solarer Berg kann man ohnehin nicht erwarten, aber da würde auch jeder andere Wettkampfvergleich hinken. Die Radstrecke hat es mit dem langen Anstieg in sich, ist aber dennoch nicht ganz so anspruchsvoll, wie es oft heißt. Die Abfahrten sind nicht sehr technisch, so dass man gut ballern kann. Und die Laufstrecke war auch trotz des schlechten Wetters gesäumt von vielen Zuschauern – vier Runden durch die Innenstadt sind halt recht attraktiv. Dennoch gibt es zwischen 4km und 8km ruhige Abschnitte, was aber durchaus auch angenehm war. Aber obacht: Die Laufstrecke ist nicht ganz so flach, wie sie im Profil aussieht! Zahlreiche kleine Hügel – nicht lang, nicht steil – machen sich am Ende einer Langdistanz dann doch bemerkbar. 😉
Ein dickes Dankeschön insbesondere an die tolle Begleitung vor Ort! Für’s anfeuern, fotografieren und twittern. Und vielen Dank auch für die virtuelle Unterstützung via Blog, Facebook und besonders Twitter. Macht Spaß mit euch! 🙂
Hi Lajos,
das war ja eine besonders harte Nummer dieses Jahr in Regensburg, herzlichen Glückwunsch zu der tollen Leistung, schätze ich höher ein als Roth letztes Jahr aufgrund der schwierigen Bedingungen.
Sub 11 packst du auf alle Fälle, allein beim Schwimmen sind ja noch *LOCKER* 10minuten drin ( wenn du es mal trainieren würdest ;-).
Auf dem Rad sollten für dich auch 5:30 möglich sein, auf den Bildern sieht deine Sitzposition sehr gemäßigt aus, da kann man bestimmt noch ein paar Watt rausholen…und dann natürlich noch ne dicke Scheibe hinten u. nen Aerohelm 😉
Beim Laufen passt die Differenz zwischen Solo u. IM von ca 1/2 h, aber auch da hast du noch Potentiale .
Naja sagt sich immer alles so leicht…hauptsache es macht Spaß!
Apropos Spaß…
ich bereite mich gerade auf den Marathon in Essen vor, mal schauen was das gibt…richte das Training auf SUB3 aus, bin aber doch etwas skeptisch das es klappen kann… auf der anderen Seite auf eine 3:05 anlaufen ist auch blöd, oder? Kommt Training kommt Rat.
Viele Grüße
Heiko